An die Arbeit

An die Arbeit

Durch den allgemeinen Wirtschaftsaufschwung der 1960er Jahre herrschte ein Arbeitskräftemangel in Österreich. Offizielle Anwerbestellen, zunächst in Madrid, dann in Istanbul und Belgrad, sollten die fehlenden Arbeitskräfte aus dem Ausland akquirieren. So erzählt Mara Ivkić, dass sie mit 18 Jahren von Swarovski angeworben wurde – erfahren hatte sie davon durch eine Freundin ihrer Mutter, die bereits in Tirol arbeitete. Die Arbeitsmigration fand jedoch bald auch jenseits des formalen Weges statt: Das Gruppenfoto mit Männern aus Uşak in der Türkei zeugt von den sogenannten „Kettenanwerbungen“ durch Freunde oder Verwandte. Oftmals entstanden dadurch enge Verbindungen zwischen Orten in Tirol und Orten im Herkunftsland.

Neben dem Baugewerbe, der Metall- und Eisenindustrie sowie der Gastronomie waren es vor allem Textilbetriebe, die von Arbeitskräften aus Jugoslawien und der Türkei profitierten: Aufgrund des niedrigen Lohnniveaus und der Nachtschichten mangelte es an einheimischen Hilfsarbeitern, erklärt Walter Ambros, ehemaliger Betriebsleiter der Textilfabrik Herrburger und Rhomberg in Innsbruck.

Die Fotos bei der Arbeit und von Firmenfeiern sind zum Teil für die persönlichen Erinnerungen inszeniert. Vermutlich waren sie auch Kommunikationsmittel für die in der Heimat Verbliebenen. Von den erlebten rechtlichen Unsicherheiten und Ungleichheiten des „Gastarbeitersystems“ erzählen sie jedoch nicht: von fehlenden Aufstiegschancen innerhalb der Betriebe, der Unmöglichkeit des freien Arbeitsplatzwechsels, den niedrigen Löhnen und den befristeten Beschäftigungsbewilligungen, die bis in die 1990er Jahre Voraussetzung für die Aufenthaltsberechtigung waren. Sie erzählen erst recht nicht vom Verbot des passiven Betriebswahlrechtes, das erst 2006 eingeführt wurde und auch nicht von den Berufs- und Ausbildungsbeschränkungen für Migrantenkinder.

Dokumente wie die Ausländer-Arbeitskarte, die Beschäftigungsbewilligung und die Arbeitserlaubnis zeugen von Ausschluss und Diskriminierung. Bis heute werden sie von vielen ehemaligen Gastarbeiterinnen und Gastarbeitern aufbewahrt.